Von Gottfried Curio MdB
Ein ernüchterndes Aha-Erlebnis für alle, die Friedrich Merz irrigerweise für eine konservative Alternative zu Merkel halten.
Merkel geht – wenn auch leider nur auf Raten, die Europa-besoffenen aber bleiben – oder kommen gar zurück. Dieser Tage hat Möchtegern-Merkel-Nachfolger Friedrich Merz einen Aufruf „Für ein solidarisches Europa“ als Erstunterzeichner veröffentlicht. Der Aufruf warnt, „im Innern Europas breitet sich wieder Nationalismus und Egoismus“ aus, und belehrt uns: „nur die Vereinigung Europas kann diesen Irrsinn beenden“.
Leitidee ist der EU-Zentralstaat – u.a. mit dem hehren Ziel: „Kampf gegen Nationalismus und Egoismus“. Dafür soll weiter Souveränität der nationalen Parlamente an das Europäische Parlament abgegeben werden; in diesem wird dann abseits der Öffentlichkeit entschieden – über die Köpfe der Europäer hinweg.
Das erinnert an Alt-Marxisten, die immer noch meinen, der Kommunismus habe nur deshalb nicht funktioniert, weil er noch nie in Reinform da war. Hier behaupten die Feinde der Nationalstaaten, die EU funktioniere nicht, weil immer noch nicht genug Kompetenzen abgegeben worden seien.
Erstrebt werden u.a. eine europäische Armee, eine „Haushaltspolitik für die Euro-Zone“ und eine „gemeinsame Arbeitsmarktpolitik bis hin zu einer europäischen Arbeitslosenversicherung“. Dieses neue, noch enger geschnürte Europa soll natürlich von den Deutschen bezahlt werden; O-Ton: „Dazu müssen wir zu echten Kompromissen bereit sein, auch zu deutschen finanziellen Beiträgen.“ Das ist es, was die Schuldenstaaten am Moloch Brüssel so lieben: Deutschland kann als Nettozahler wie eine Weihnachtsgans ausgenommen werden; dafür böte dann nach Merkels Abgang der Transatlantiker Friedrich Merz Gewähr. Dass er jetzt als Alternative zu Merkel stilisiert wird, wird viele im Merkel-Lager erfreuen.
Dieser „Weiter so!“-Aufruf sollte einige aufwecken: ein Pamphlet, das das rot-rot-grüne trio infernale aus KGE, Kipping und Schulz nicht Deutschland-feindlicher hätten schreiben können.
Quelle: Handelsblatt