Mit dem Gesicht zum Volke

Mit dem Gesicht zum Volke

Mit dem Gesicht zum Volke

„Mit dem Gesicht zum Volke!" So mahnte einst ein Lied die längst entrückte Staatsmacht fast vergessener Zeiten. Mit sehnsuchtsvollem Blick in weite Ferne beschwor der Künstler in eindrucksvollen Bildern die Übung einer fremden Macht. Solcherlei vernimmt man auch oft in unseren Tagen. Die Poesie unserer Breiten sucht schon geraume Zeit das Wohl der ganzen Welt mit Fleiß im Wesen des gelobten Fremden und übersieht dabei nicht selten all die schreienden Ungerechtigkeiten, die Ströme von Blut und das Zeugnis bitteren Elends. Auch fühlen sich die edlen Wilden vom Erzähler so recht oft nicht verstanden, in dem was sie bewegt.

Es ist in jedem Fall ein Gebot unserer eigenen Tradition, daß jene auf Zeit bestellten Gestaltungskräfte stets dem Volk verpflichtet sind und in allem was sie tun dem Bürger zugewandt, umfassend Antwort zu geben haben, sich mithin „verantworten" müssen. Dieser Wert macht uns gehörig aus. Er wurzelt tief in unserer Geschichte, gilt als durch bittere Erfahrung gefestigt und entfaltet seine Kraft am wirkungsvollsten in seiner sachgerichtet nüchternen Befolgung, unter Verzicht auf jegliche Erhabenheit.

Die Anwohner aus der Umgebung der alten Schule in Sporbitz beobachten nun seit ca. zwei Monaten das Betreiben der Stadtverwaltung, in ihrem Ort eine Containersiedlung zu errichten. In dieser soll ein Teil jener, der Stadt Dresden und damit ihren örtlichen Gemeinschaften überantworteten Erdenbürgern mit Staatsangehörigkeiten außerhalb der Europäischen Union eine Bleibe finden, denen sich die machtvoll Wirkenden auf Bundesebene im besonderen Maße verpflichtet fühlen, ohne dabei allerdings auf eine zeitnah aufklärende wie sachgerechte Bescheidung der bezugnehmenden Anträge zum Aufenthaltsstatus und deren wirksamen Vollzug auch nur hinzuwirken.

Die den betroffenen Bürgern zugängliche Informationslage war durch ein hohes Maß an Unklarheit und Wandlungen gekennzeichnet. Mal ist von einer Ansiedlung in einem Gewerbegebiet die Rede, dann werden die Gerüchte um eine Ansiedlung auf dem Schulhof der Alten Schule zurückgewiesen und letztlich geben Presseberichte den wahrgenommenen Hinweisen dann doch Kontur. Allein vom verantwortlichen Baubürgermeister vernehmen die betroffenen Einwohner lange, allzu lange nichts.

In Einzelgesprächen sowie anlaßbezogen durchgeführten Bürgersprechstunden hatten sich daher Mitglieder und Verantwortliche aus dem Kreisverband der Alternative für Deutschland, darunter auch Stadtbezirksbeiräte aus dem Stadtbezirk Leuben, Dresdener Stadträte sowie Abgeordnete aus dem Sächsischen Landtag, mit den Bürgern ins Benehmen gesetzt. Den Anwohnern kamen, ob des Wirkens der Verwaltung hochgradige Bedenken, insbesondere aber umfänglich Fragen auf. Eine der angesetzten Sitzungsdauer angemessene Auswahl davon nahmen die Stadtbezirksbeiräte aus der Gruppe der AfD mit in die Sitzung des Beirats vom 23.11.2022 und ersuchten den vorab schriftlich in Kenntnis gesetzten Stadtbezirksamtsleiter um eine hinreichende Beantwortung.

Der Stadtbezirk trägt für die Errichtung des Containerdorfes keine originäre Verantwortung. Einige Bürger hatten den Amtsleiter schon während einer Gedenkfeier zum Volkstrauertag auf ihre Beobachtungen bezugnehmend befragt sowie erstaunt zur Kenntnis genommen, daß dieser sich in die Planungen der Containersiedlung nicht eingebunden sah und zum Zeitpunkt der Befragung durch die Anwohner auch noch keinerlei hinreichende Kenntnisse hatte. Zur Sitzung des Stadtbezirksbeirates war er dann vorbereitet und ließ sich umfassend ein.

Auf die Frage, aus welchen Gründen bis zum Zeitpunkt der Sitzung des Stadtbezirksbeirats keinerlei verläßliche Information an die Anwohner gerichtet wurde, gab der Amtsleiter die Maßgabe des Baubürgermeisters weiter, wonach die Inkenntnissetzung der Anwohner mit der Baugenehmigung erfolgen sollte. Von „persönlichen Informationen" sähe man hingegen ab. Es erfolge vielmehr eine Veröffentlichung im Amtsblatt. Der Bauantrag sei am 4.11.2022 gestellt, die Vollständigkeit der Unterlagen durch die Bauaufsichtsbehörde am 14.11.2022 bestätigt worden. Die Fragestellung, inwiefern es sich bei den bereits stattfindenden Baumaßnahmen um vorweggenommene Bauhandlungen handele, welche dem Antragsziel entsprechen und damit erst nach Erteilung der Baugenehmigung zulässig sind, beantwortete der Amtsleiter nicht.

Auf dem Schulhof der Alten Schule würden dreizehn mobile Einheiten für insgesamt zweiundfünfzig Personen geplant. Die Inbetriebnahme sei für den Jahresanfang 2023 vorgesehen. Die Bauausführung wäre an die STESAD GmbH, einem Unternehmen der Landeshauptstadt Dresden vergeben worden. Der Immobiliendienstleister sei der Bauherr und Antragsteller der Baugenehmigung. Unbeantwortet blieb letztlich die Frage, ob die Landeshauptstadt davon ausginge, dass die Baugenehmigung ohne Widersprüche und Einlegung von Rechtsmitteln erteilt werde und so die geplante Inbetriebnahme rechtzeitig erfolgen könne.

Auf Betreiben der Stadtbezirksbeiräte aus der Gruppe der AfD räumte der Amtsleiter einem Anwohner das Rederecht ein. Dieser hatte in Gesprächen mit der Polizei in Erfahrung gebracht, daß jene von der beabsichtigten Aufstellung der Containersiedlung erst durch Bürgeranfragen Kenntnis erlangte. Dies führte ihn zur Frage nach dem Stand der Planungen zu einem Sicherheitskonzept. Nach Auskunft des Amtsleiters folge die Planung eines Sicherheitskonzeptes auf die Stellung und Genehmigung des Bauantrages sowie die Fertigstellung der Siedlung an vierter Stelle in der Zeitschiene. Dies bewog den Bürger zu einer durchaus nachvollziehbaren Einschätzung über die Sinnhaftigkeit der angelegten Reihenfolge.

Im Anschluß an die Beantwortung der Fragen stellten die Stadtbezirksbeiräte aus der Gruppe der AfD einen Antrag, dem Stadtrat die Durchführung einer Einwohnerversammlung vorzuschlagen. Auf eine Anregung hin, ließen sie ihr Anliegen als Anfrage werten. Ein eingereichter Antrag hätte eine Prüffrist von sechs Wochen ausgelöst. Dies erschien im Ergebnis der eilbedürftigen Beförderung des Bürgeranliegens wenig zuträglich.

Gegen die Abhaltung einer Bürgerversammlung formulierte eine Stadtbezirksbeirätin aus der Gruppe der Linkspartei Vorbehalte. Nach ihrer Beobachtung fielen die Bewohner anderer Aufnahmeeinrichtungen den Anwohnern gar nicht groß auf. Desweiteren befördere eine Einwohnerversammlung soziale Erscheinungsformen, die einem ausgeglichenen Miteinander unzuträglich wären. Dabei stand ihr namentlich die Gefahr des Auftretens so bezeichneter Fackelmärsche vor Augen. Die Einwendung erschien nicht eben schlüssig. Gleichwohl eröffnete sie die Gelegenheit, sich mit der Motivation und Denkungsart der Stadtbezirksbeirätin auseinanderzusetzen. Im Rahmen eines Gespräches offenbarte sich, daß die Beirätin eine zurückliegende Einwohnerversammlung schlicht als sehr bedrückend wahrgenommen hatte.

Nachvollzogen werden konnte das Anliegen der Abhaltung einer Einwohnerversammlung von konservativ geprägten Stadtbezirksbeiräten einer anderen Gruppierung. Nach den Ausführungen eines Beirates wäre wohl auch aus ihren Reihen mit einem gleichgerichteten Vorbringen zu rechnen gewesen. Die Erwägungen zum transparenten, bürgerzugewandten Verhalten der Verwaltung ähnelten denjenigen aus der Gruppe der AfD. So konnte die Anfrage einer Bürgerversammlung mit sieben zustimmenden gegen drei ablehnende Voten bei zwei Stimmenthaltungen ihren Weg in Richtung Bürgermeister finden.

Zu Beginn der ersten Bürgersprechstunde in der Angelegenheit kam es um ein Haar zu einem Mißverständnis. Ein Anwohner fragte entgeistert und ein wenig wehmütig, wieso ausgerechnet die Mandatsträger der AfD vor Ort seien. Nach einer kurzen Pause ergänzte er, er hätte eigentlich die Amtsleitung erwartet. Auch von allen in den Gremien Engagierten wären die AfD Landtagsabgeordneten, Stadträte und Stadtbezirksbeiräte die Allerersten, welche sich mal zeigten. Das seien die Einzigen äußerte ein Hinzutretender überzeugt.

Wissen können wir das alles nicht, aber wir sind da und gerne im Dienste des Bürgers unterwegs. Melden Sie sich, wenn etwas drückt.

Martin Plötze, Stadtbezirksbeirat Leuben

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