Pfingstbrief des AfD-Kreisvorstands Dresden an den Bundesvorstand

Pfingstbrief des AfD-Kreisvorstands Dresden an den Bundesvorstand

Sehr geehrte Mitglieder des Bundesvorstandes,

leider können wir Ihnen diesen Bericht von der Basis nicht ersparen. Die heftigen Auseinandersetzungen in der Führungsebene der AfD und die zu Tage getretenen Spaltungstendenzen behindern unsere politische Arbeit enorm und fügen dem Ansehen der gesamten Partei schweren Schaden zu.

Wir können dies momentan sehr gut beobachten, denn die Dresdner AfD befindet sich in der Endphase des Wahlkampfes für unseren OB-Kandidaten, Herrn Stefan Vogel. Der 1. Wahlgang findet am 7.6. statt. Stefan Vogel tritt dabei auch gegen die Pegida-Kandidatin Frau Tatjana Festerling an.

Die von den Medien genüsslich präsentierte Selbstzerfleischung der AfD auf Bundesebene ist nicht gerade Rückenwind für unseren Wahlkampf, sondern Wasser auf die Mühlen unserer politischen Gegner. Aber nicht nur das, wir werden im Wahlkampf gerade von den uns grundsätzlich wohlgesonnenen Bürgern ständig auf diese selbstzerstörerischen Vorgänge innerhalb der AfD angesprochen. Bei diesen Bürgern, unserer Wählerschaft, herrscht weitverbreitetes Unverständnis über die gegenwärtigen Entwicklungen in der AfD. Auch unsere Mitgliederschaft ist zum Teil erheblich verunsichert. Dies drückt sich in einer wesentlich geringeren Mobilisierbarkeit der Mitglieder für den Wahlkampf aus.

Sehr geehrte Damen und Herren im Bundesvorstand, das müsste nicht sein! Denn die AfD braucht keine Führung, die die Partei spaltet, sondern eine, die sie eint.

Die These, dass es angeblich zwei unversöhnlich sich gegenüberstehende Lager in der AfD gibt, halten wir für grundlegend falsch. Vielmehr gibt es innerhalb der AfD eine breite Meinungsvielfalt und die Übergänge zwischen inhaltlichen Etikettierungen wie "liberal", "konservativ" etc. sind oft fließend. Die AfD bekennt sich in ihren "Politischen Leitlinien" ausdrücklich zur Meinungsfreiheit und zu einer offenen Diskussionskultur, und: "Wir wenden uns mit Nachdruck gegen zunehmend verbreitete Tendenzen selbsternannter Gesinnungswächter, Andersdenkende einzuschüchtern oder gesellschaftlich auszugrenzen." Dies sollte auch innerparteilich gelten. Dabei sollte es sich von selbst verstehen, dass sich die innerparteiliche Streitkultur jederzeit fair und mit persönlichem Respekt vor dem Andersdenkenden vollzieht.

Wir sollten unsere lebendige Diskussionskultur nicht auf dem Altar der politischen Korrektheit opfern. Natürlich sollte man in der AfD amerikanische Politik kritisieren dürfen, ohne als antiamerikanisch zu gelten. Natürlich soll man grundgesetzwidrige Vorgänge in muslimischen Parallelgesellschaften kritisieren dürfen, ohne als Islamhasser gebrandmarkt zu werden. Und wer in der AfD fordert eigentlich eine unterstellte Einwanderungspolitik nach "völkischen" Kriterien? Wir kennen niemanden, der das fordert. Hier wird ein Gespenst bekämpft, das es in der AfD gar nicht gibt. Liefern wir uns also in der AfD keine Scheingefechte und unterlassen wir zukünftig innerparteiliche Diffamierungen. Was diesbezüglich von außen auf uns einprasselt, reicht völlig aus.

Wir haben uns im letzten Jahr mit breiter Mehrheit auf die "Politischen Leitlinien" verständigt. Diese stellen nach wie vor - bis zur Verabschiedung eines Bundesprogramms -  ein sehr gutes Fundament für unsere politische Arbeit dar. Alle noch zu klärenden und in der AfD noch strittigen Sachfragen müssen in den gegenwärtig laufenden Programmprozess eingebracht und entschieden werden. Die Mehrheit entscheidet, wie auch immer. Das sollte dann jeder akzeptieren, oder eben die Konsequenzen ziehen, falls man nicht bereit ist, das Programm mitzutragen. Aber diese Entscheidung kann eben erst dann getroffen werden, wenn der Programmprozess abgeschlossen ist und wir alle wissen, wohin die Reise geht.

Bis dahin sollte sich die AfD im Rahmen ihrer "Politischen Leitlinien" vor allem derjenigen Themen annehmen, die den Bürgern unter den Nägeln brennen. Das sind nicht immer die "angenehmen", politisch korrekten Themen, und als AfD sollten wir davor keine Berührungsängste haben (Mut zur Wahrheit). Eine einseitige Verengung der AfD-Themenpalette wäre kontraproduktiv. Wir wissen auch, dass sich die AfD nicht nur auf gegenwärtige Reizthemen wie Asyl- und Zuwanderungspolitik konzentrieren sollte, sondern dass sie sich als Partei der demokratischen Erneuerung unseres Landes in allen relevanten Politikfeldern ein thematisch breitgefächertes, unverkennbares Profil gibt. Dazu hat z.B. der in Dresden vor einer Woche veranstaltete Demokratiekongreß einen wertvollen Beitrag geliefert, oder auch die vor zwei Wochen vollzogene Gründung des sächsischen Landesverbandes des AfD-Mittelstandsforums.

Sehr geehrte Bundesvorstände,

bitte besinnen Sie sich darauf, dass die AfD ein Projekt ist, das nicht scheitern darf. Nutzen wir vielmehr die historische Chance, das politische Spektrum in Deutschland entscheidend zu bereichern! Wir haben alle viel Arbeit in dieses Projekt investiert. Bitte machen Sie sich klar, dass es unter uns AfDlern mehr Verbindendes als Trennendes gibt. Für den Erfolg unserer AfD brauchen wir die gesamte Mannschaft weiterhin an Bord. Die AfD sollte deshalb alle Kräfte bündeln, die Protagonisten sollten persönliche Ambitionen zurückstellen und die Parteiführung muss in strittigen Sachfragen tragfähige Kompromisse ausloten. Strafen wir all diejenigen Lügen, die in den letzten Tagen das Ende der AfD ausgerufen haben!

Wir haben gemeinsam schon viel erreicht, und wir können noch viel mehr erreichen. Manche Entscheidung der Regierenden in den letzten Monaten wäre ohne den politischen Druck der AfD nicht zustande gekommen. Wir üben schon heute erheblichen Einfluss auf politische Entscheidungsträger aus, die bereitwillig AfD-Positionen übernehmen, um uns den Wind aus den Segeln zu nehmen. Das wird auch so weitergehen, wenn wir uns als AfD nicht selbst schwächen. Solche Entwicklungen und auch die bisher sehr guten Wahlergebnisse sollten Ansporn für uns sein, weiter den Finger in die Wunde politischer Fehlentwicklungen zu legen, überall dort, wo es notwendig ist. Nur so können wir Politik langfristig ändern.

Herzliche Grüße an alle Parteifreunde!

Dresden, Pfingsten 2015

Jürgen Schulz, Vorsitzender KV Dresden,
im Namen des Vorstandes des KV Dresden der Alternative für Deutschland

Stefan Vogel, AfD-Fraktionsvorsitzender im Dresdner Stadtrat und OB-Kandidat der AfD in Dresden

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