Von Martin Plötze
Am Montag, dem 11. März 2019, fand im Bürgersaal des Stadtbezirksamts Dresden Neustadt die dritte Veranstaltung einer Bürgerdialogreihe statt. Interessierte setzten sich sowohl untereinander als auch mit ausnehmend aufgeschlossenen Verantwortungsträgern der Verwaltung über dringend lösungsbedürftige Problemstellungen der örtlichen Gemeinschaft auseinander.
Die vorgetragenen, zum Teil aus den Vorveranstaltungen mitgeführten Einzelprobleme verdichteten sich im Wesentlichen in drei Schwerpunktfeldern. Divergierende Vorstellungen von Ortsansässigen und jenen, Erlebniszugewinn bzw. Konsum suchenden Auswärtigen entfalten ebenso wie der damit einhergehende Interessenskonflikt zwischen Gewerbetreibenden und den um ihren Lebensmittelpunkt besorgten Anwohnern gehörig unbefriedigende Potentiale. Der Wandel des gewohnten sittenmäßigen Gefüges oder schärfer ein wahrgenommener Verfall jenes liebgewordenen sittlichen Werteverständnisses schafft darüber hinaus eigenständig hochgradige Probleme. Letztlich bestehen in Bezug auf die Verkehrsgestaltung, etwa dem angestrebten Motorisierungsgrad unterschiedliche, mitunter emotionsunterlegte Sichtweisen.
Ins Auge fiel, daß die Beteiligten um eine weitestgehend ideologiearme Benennung wie Deutung ihrer Anliegen und Lösungsvorstellungen bemüht waren. Die Grundwertorientierung schwang maßvoll im Hintergrund mit.
Der Fortschritt der Sache blieb etwas hinter den Zielsetzungen zurück. Auffallend gering gab sich die zwischenzeitliche Vernetzung wie auch jener Grad der Organisiertheit unter den Bewogenen. Den erprobten Verfahrensweisen der Vorveranstaltungen folgend, erfragte die Gesprächsleitung erneut alle befassungswürdigen Punkte des Abends und ordnete sie grob später zu bildenden Gesprächsgruppen zu. Nachfolgend entfalteten sich die Debatten. Lösungsansätze konnten dabei, mit einer behutsamen Ausnahme zum Ende der Veranstaltung, insgesamt nicht beigebracht werden. Die Moderation bemühte sich beständig um eine Überführung der „Besprechung“ in konkrete Projektphasen. Lediglich bei einem ausgesuchten Fall könnte dies derzeit gelingen. Die Gesprächsteilnehmer wurden sich des Befundes bewusst und setzten sich dahingehend ins Benehmen.
Es überrascht etwas, wie schwer sich unsere Neustadt tut, im Hinblick auf jene in Rede stehenden Problemfelder, abseits institutionalisierter Vereins- und Verbandsgliederungen eine Vergemeinschaftungsstruktur auszudifferenzieren, die sich gegenüber einer aufgeschlossenen Verwaltung verhält. Insgeheim hatte ich gehofft, daß sich nach drei Runden dahingehend schlagfeste, gestaffelte Gemeinschaften entwickelt haben, welche sich auch für robuste sozialraumbezogene Gemengelagen aufschließen ließen. So existieren bspw. zwar für die absichernde wie erträgliche Gestaltung der politischen Auseinandersetzung vor Wahlen erprobte Strukturen. Jene in den Sondernutzungssatzungen oder dem Versammlungsrecht benannten Verwaltungseinheiten wägen die betroffenen Interessen unter dem wachsamen Auge der Justiz ab und handeln gerichtet.
Gleichwohl sehen sich insbesondere Anwohner den umsetzenden Entscheidungen oft unvermittelt gegenüber und halten mitunter Abwägungstatbestände für übersehen oder falsch gewichtet. Gerne hätte ich mich mit hinreichend verankerten, vertrauenswürdigen Instanzen der örtlichen Gemeinschaft über deren aufrichtige Zusatzanliegen bei der Ausgestaltung unserer, oft von politisch massiv Andersdenkenden begleiteten Wahlkampfbemühungen verständigt. Nun gut, wir werden auf unsere Strukturen, unsere Mitglieder zurückgreifen.
Alle Beteiligten erachteten eine Lösungsentwicklung aus der „zivilgesellschaftlichen“ Ebene unbedingt als erstrebenswert. Dieser Aspekt bildete das bestimmend einigende Moment. Der Gesamtansatz erscheint damit umfassend stützenswert. Bürgerschaftliches Engagement ist Ausdruck und Garant einer freiheitlichen Ausgestaltung des gemeinschaftlichen Handelns in einem demokratisch geformten Gemeinwesen. Damit ist dieses bürgerschaftliche Engagement auch gegenüber einer gestaltenden Aufgabenwahrnehmung durch die Stadtverwaltung stets zu bevorzugen. Dresden verzeichnet seit 2002 nun aber einen kontinuierlichen Rückgang des bürgerschaftlichen Engagements um mehr als die Hälfte. Derzeit engagieren sich noch 17 Prozent der Bürger Dresdens ohne Entgeltabsicht für gemeinschaftliche Zielsetzungen. Dahingehend hatte sich unsere Gliederung schon programmatisch auseinandergesetzt und wird dies zur Begegnung des Trends weiter tun.
Das Anliegen der Engagierten findet damit die Unterstützung der Alternative für Deutschland. Vorerst ist geduldsames Zuhören geboten. Der Entwicklung unzuträglich erscheint eine allzu kurz angebundene Abarbeitung vom Konvent adressierter Probleme durch angehende bzw. erfahrene Verantwortungsträger. Vereinzelte, vorgetragene Befunde rufen geradezu danach. Ein solches Vorgehen behindert aber ggf. die Entwicklung der bürgerschaftlichen Strukturen. Schnell sehen sich politische Akteure wie Betroffene verleitet, unter Verzicht auf eine zwischengesellschaftlich koordinierte Eigenbefassung, in letztlich subordinierenden Dienstleistungskategorien zu agieren.
Die Engagierten hatten es nicht unbedingt leicht. Neben den adressierten Widrigkeiten um die Schulterung auf personell schmalem Rücken und den um schlichte Aufmerksamkeitsökonomie ringenden Troß in den sozialen Medien, fehlte dem gruppendynamischen Prozess wohl eine, die Entwicklung des Gruppenzusammenhalts tragende Initialisierungsphase. Die Gesprächsleitung stellte jene gruppenbildenden Schwerpunkte stets neu zusammen. Die Moderatoren nahmen sich zwar löblich zurück, führten aber notwendig durch die Gesprächsentwicklung. Ein Durchsetzen gereichte dem Mitglied des Gesprächskreises auch bei sachlicher Richtigkeit bzw. nachvollziehbarem Argumentationsansatz selten zum Vorteil. Wenn ein Verantwortungsträger der Verwaltung zur Gruppe hinzustieß, ordneten sich zudem die Teilnehmer oft in den argumentativen Ablauf nach.
Fielen Moderation und Verantwortungsträger, etwa nach Abschluß der Regelveranstaltung weg, verblieb offenbar nicht genug gruppenerhaltende Triebkraft für eine Fortführung der Sache. Selbst zur eigenmotivierten Entscheidung über die Sinnhaftigkeit einer Folgeveranstaltung vermochten sich die Teilnehmer nicht durchringen. In Granit gemeißelt sind die Wirksamkeitsbezüge jedoch keinesfalls. Vielleicht vermittelt ein singuläres Ereignis, ein Konflikt, ein zustoßender Zeitgenosse oder schlicht der geduldsame zeitliche Verlauf die erforderliche Impulskraft.
Es würde sich für die Neustadt lohnen.
? Martin Plötze ist AfD-Spitzenkandidat Wahlkreis 2 zur Dresdner Stadtratswahl am 26. Mai 2019.
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