Emmanuel Macron and Angela Merkel bei einem Auftritt auf der Frankfurter Buchmesse 2017. — Foto: Wikipedia/ActuaLitté Creative-Commons-Lizenz
Von Dr. Joachim M. Keiler
Aha, Frau Merkel stimmt mit Macron überein, in vielen Punkten, besonders auch bei der Verantwortung für Afrika. Da hätte ich gerne mal gewusst, wie sie das meint.
Derzeit wird immer deutlicher, dass der französisch veranlasste Bau einer eurafikanischen Freihandelszone nach dem Vorbild der EU krachend gescheitert ist. Französische Firmen haben diese jahrzehntelang dominiert. Aus dem Niger werden die Uranlieferungen für die französische Atomindustrie militärisch gesichert. Afrika erwacht und will sich aus der Währungsdeckung der Exporte durch die französische Notenbank und die damit verbundenen hohen Provisionszahlungen befreien. Afrika wird wirtschaftlich für Frankreich zum Desaster. Zuwanderungspolitisch ist es das wegen der postkolonialen Regelungen schon. Kurzum, Afrika lässt sich wohl zu Recht nicht mehr am Gängelband halten. Volkswirtschaftlich wird das über Jahre hinaus eine große „Herausforderung“. Der Begriff wird immer dann gebraucht, wenn es um gigantische Zahlungen geht. Und da entdeckt Merkel die gemeinsame Verantwortung mit Frankreich für Afrika.
Faktisch spielt Frankreich da eine große Rolle, denn der Zuzug aus den ehemaligen Kolonien nach Frankreich war zumindest bis 1994 unproblematisch möglich. Demgemäß hat Frankreich jetzt schon eine ganz andere Bevölkerungsstruktur als sonstige europäische Staaten. Dies ist einer der Kritikpunkte der kontinentaleuropäisch orientierten Franzosen wie dem RN, früher Front National.
Also, ich fasse zusammen: beim Kassieren profitierte Frankreich. Aber jetzt, wo es ans Bezahlen geht, haben wir eine „gemeinsame“ Verantwortung. Verantwortung ist ein diplomatisches Wort. Richtig muss es heißen, wir sind gezwungen, mit Frankreich Afrika bleibeorientiert zu finanzieren, wenn wir nicht den halben ECOWAS (Economic Community of West African States) hier in Europa haben wollen. Das nennt man normative Kraft des Faktischen oder einfacher ausgedrückt, Mithaftung für französische Kolonialpolitik.
Zuerst muss man einmal die Währungshoheit an die Afrikaner zurückgeben, ohne Veto- und Provisionsrecht der französischen Notenbank im CFA Eurosystem. Ob Frankreich dazu bereit sein wird? Es werden ja noch nicht einmal die Gesamtsummen veröffentlicht, die als Bürgschaftsprovisionen an die französische Notenbank fließen.
Übrigens ein Thema, das die Linken beackern. Da haben sie aber den Finger in die Wunde gelegt. Ein blindes Huhn findet halt auch einmal ein Korn.
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